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Die Geschichte der Pulsnitzer Schulen

Von den Anfängen bis 1945

Eine Schule wurde in Pulsnitz bereits im 16. Jahrhundert, noch vor der Reformation, erwähnt. Damals war der Schulrektor gleichzeitig der Kantor, der Küster und der Stadtschreiber. In einem Fachwerkbau neben der Kirche befand sich die erste Schule mit zwei Klassenzimmern und der Lehrerwohnung. Am 31.10.1835 wurde an der gleichen Stelle nach dem Abriss der alten ein Neubau geweiht.

Im Dorf Pulsnitz auf der Meißner Seite entstand 1870 eine weitere Schule, weil nicht mehr alle Kinder in der Stadtschule untergebracht werden konnten.

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Blick vom Marktplatz stadtauswärts. Die ehemalige Schule ist das große, mit dem Pfeil gekennzeichnete Gebäude
Fotografie aus dem Jahr 1903

 

Die Stadträte unter Führung des damaligen Bürgermeisters Dr. Michael beschlossen im Jahr 1900 den Bau einer neuen Stadtschule. Der erste Spatenstich erfolgte am 2. August 1902 an der heutigen Dr.-Michael-Straße, die Grundsteinlegung am 21. August 1902. Nur ein reichliches Jahr später, am 21. Oktober 1903 wurde sie feierlich als damals schönste Schule Sachsens mit einer angeschlossenen Turnhalle eingeweiht. Projektiert wurde sie vom Dresdner Architekten von Meyenburg. Die Bauausführung erfolgte durch die damals renomierten Pulsnitzer Bauunternehmen Paul Johne und Richard Fischer. Überwacht wurde alles durch den ebenfalls aus Dresden stammenden Architekten Dix. 

Heute ist in diesem Gebäudeteil die Grundschule untergebracht. 

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Stadtschule Pulsnitz (Postkarte aus dem Jahr 1910)

 

muetze.jpgAber schon nach wenigen Jahren stieg sie Schülerzahl so stark an, dass ein Erweiterungsbau notwendig wurde. So besuchten im Jahre 1906 ca. 600 Schulkinder die Stadtschule, die von lediglich 11 Lehrkräften und einer Handarbeitslehrerin unterrichtet wurden.

Wie beim Bau des ersten Schulgebäudes dauerten Planung und Bau nur wenige Jahre.

Ein Zeitdokument kam während der Kernsanierung unserer Schule im Schuljahr 2003/04 zum Vorschein: Ein Zimmermann hat sich mit seinem Namen und der Jahreszahl 1913 auf einem Balken des Dachstuhles verewigt.

Unmittelbar vor Beginn des 1. Weltkrieges 1914 wurde dieser Erweiterungsbau seiner Bestimmung übergeben. Heute ist darin die Oberschule untergebracht. Und auch jetzt ist der Platz schon wieder zu knapp. Nur dauern heutzutage allein die Planungen sicher über 10 Jahre, vom Bau ganz zu schweigen... 

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Erweiterungsbau der Stadtschule Pulsnitz (Postkarte aus dem Jahr 1915)

 

Wie ein typischer Schultag im Jahr 1914 ablief ist folgender historischer Beschreibung zu entnehmen:

"Die Schüler trugen braune Mützen mit Goldstreifen, die beiden Schulhausmeister Großmann und Schwiebus trugen Uniformen mit Goldstreifen. Der Hausmeister kontrollierte vor Unterrichtsbeginn die Schüler auf Sauberkeit und Ordnung, auch die Schuhe mussten geputzt sein. Die Unterrichtsstunde begann mit einem Choral und der Schultag mit biblischer Geschichte. Im zweiten Schuljahr musste der Fahrplan der Eisenbahnzüge auswendig gelernt werden. Bei den meisten Schülern waren Französisch und Geometrie die unbeliebtesten Fächer. Auch nachmittags war Unterricht mit Ausnahmen von Mittwoch und Sonnabend. Ein Schulspielplatz und ein Schulgarten wurden angelegt.

Der Schuldirektor Brück sah seinen Stolz darin, dass alle Schüler das kleine und große Einmaleins perfekt beherrschten. Der beliebteste Lehrer war Oberlehrer Schmalz, der von den Schülern „Papa“ genannt wurde. Er ließ manche Unartigkeit durchgehen, was man von den Lehrern Organist Engel, Bartusch, Heinrich und Winkelmann nicht sagen konnte.

Jedes Jahr wurde auf dem Schützenplan ein Schulfest durchgeführt. Es gab Topfschlagen, Blinde-Kuh-Spiele‚ Hangeln an Stangen und Schießübungen.

Während der Zeit des 2. Weltkrieges wurde die Schule unter anderem auch als Lazarett genutzt.

Der Zeitraum 1945 zum Ende der DDR

Am 1. Oktober 1945 wurde in der damaligen sowjetischen Besatzungszone der Schulbetrieb wieder aufgenommen. Die Schulreform beinhaltete auch eine Veränderung im Lehrkörper, indem die Lehrer, die der Nazipartei angehört hatten, stufenweise aus dem Schuldienst zu entfernen waren. Ihre Wiedereinstellung wurde erst nach 1952 möglich. In Pulsnitz begann der Schulunterricht zunächst in behelfsmäßigen Räumen, da die Schule von der sowjetischen Garnison als Lazarett genutzt wurde. Der Unterricht wurde in der Schule auf der Meißner Seite, die keine Schulverwaltung mehr hatte, im Pulsnitzer Schloss, im Belegschaftsraum des neben dem Schulgebäude befindlichen Elektrizitätswerkes, in Menzels Gasthof (Teil der 2021 abgerissenen Sportstätte "Kante") sowie in einem Raum der Glanzgarnfabrik auf der Goethestraße abgehalten.

Zum ersten Schulleiter wurde der Nazigegner Bruno Jürgel berufen. Am 5. Dezember wurden die Neulehrer, die bisher probeweise gearbeitet hatten, fest angestellt. Die Ausbildung der Neulehrer erfolgte in Kurzlehrgängen im Schloss Lindenau in der Gegend von Ortrand. Als Lehrmaterial wurden Übersetzungen von russischen Lehrbüchern verwendet. Durch die Klassenstärke von zuweilen bis zu 50 Kindern war der Unterricht nicht leicht. Das Alter der Schüler lag zwischen 6 und 17 Jahren, bedingt durch viele Umsiedler und Flüchtlinge.

Im Dezember 1945 räumte die Sowjetarmee das Schulgebäude und der "normale" Schulbetrieb konnte wieder druchgeführt werden.

Seit dem April 1949 gab es an der Pulsnitzer Schule eine Organisation der Jungen Pioniere mit einer hauptamtlichen Pionierleiterin. In den 50er Jahren hat sich Gudrun Hantsche als Pionierleiterin bei den Schülern einer großen Beliebtheit erfreut. Sie fungierte später als stellvertretende Direktorin an der Ernst-Rietschel-Schule. Im Sommer 1949 wurde für 200 Schüler eine Ferienbetreuung organisiert.

Bis zum Schuljahresende 1949 bestand die Schulspeisung täglich für jedes Kind aus einer dunklen Roggensemmel. Ab September 1949 gab es eine halbe große Weißbrotsemmel und einen Esslöffel voll Marmelade als Tagesverpflegung in der Schule. Für die Lehrer war die Unterrichtsgestaltung nicht einfach, manche Umsiedlerkinder wurden erst mit 10 Jahren eingeschult und die Klassenstärke lag selten unter 40 Schülern.

Am 15. Dezember 1949, dem 145. Geburtstag Ernst Rietschels, fand die festliche Schulfeier zur Bennennung der Schule als Ernst-Rietschel-Schule statt. In den Jahren danach wurde die Straßenfassade des Altbaues an der Dr.-Michael-Straße neu verputzt und mit dem Namen versehen.

Zu Beginn der 80er Jahre erfolgten Planung und Bau einer zweiten Schulturnhalle an der Kapellgartenstraße, da die direkt an der Schule befindliche viel zu klein war. Allerdings wurde diese neue Turnhalle ausschließlich für den Schulsport geplant und gebaut. Andere Nutzer als die Schule waren nicht vorgesehen, was vor allem die zahlreich bestehenden Volkssportgruppen sehr verärgerte. Erst 1984 wurde es wenigen, ausgewählten Gruppen ermöglicht, diese Halle zu nutzen.

Der Zeitraum von 1989 bis heute

Bis 1990 besaß die Schule den Namen "Polytechnische Oberschule Ernst Rietschel" und war eine der größten allgemeinbildenden Schulen des damaligen Kreises Bischofswerda. In Spitzenzeiten lernten an dieser Schule bis zu 1200 Schüler in den Klassenstufen 1-10. Das war nur möglich, da die Klassenstärke bis zu 32 Schüler betragen konnte und in den großen Klassen auch bis spät nachmittags unterrichtet wurde.

Seit dem Schuljahr 1992/93 sind die Grundschule Pulsnitz und die Mittelschule Pulsnitz zwei eigenständige Einrichtungen im gleichen Gebäude. Getrennt sind sie nur durch Glastüren auf allen Etagen. Der Altbau an der Dr.-Michael-Straße und die angrenzende Turnhalle gehören der Grundschule.

Der Neubau mit dem Haupteingang auf der Kühnstraße wird von der Mittelschule (heute Oberschule) genutzt. Beide Schulen haben eigene Schulleitungen, Verwaltungen und Hausmeister. Lediglich der große Schulhof wird gemeinsam genutzt.

1992 begann eine erste notwendige und sehr aufwendige Rekonstruktion beider Schulteilgebäude. Das Dach, die Außenfassade und viele Fenster wurden erneuert. Gleichzeitig erfolgte der Umbau der gesamten Heizungsanlage. Und wie konnte es anders sein: natürlich im Winter! Der Fachunterricht fand damals über mehrere Monate in sechs verschiedenen Gebäuden der Stadt Pulsnitz und der umliegenden Ortschaften statt.

Im Jahr 2001 fand ein wichtiger Schulträgerwechsel statt. Der damalige Landkreis Kamenz übernahm von der Stadt Pulsnitz die Trägerschaft über die Mittelschule. So konnte eine dringend notwendige Komplettsanierung der Schulgebäude auch finanziell abgesichert werden. Diese fand dann in der Zeit von Oktober 2003 bis September 2004 statt. Während dieses Umbaus wurden die Klassen 7-10 in der ehemaligen Schule in Oberlichtenau unterrichtet, die Klassen 5 und 6 in Räumen in der Stadt Pulsnitz. Das gesamte Gebäude wurde im Verlaufe eines Schuljahres vom Keller bis zum Dach entkernt und komplett saniert. Eine kleine Chronologie der Schulsanierung in Bildern ist ebenfalls auf unserer Schulhomepage unter "Schulsanierung" zu finden.

Im Herbst 2004 fand mit einem großen Umzug durch die Stadt (angelehnt an die Schuleinweihungsfeier 1903) sowie anderen Feierlichkeiten die Wiedereinweihung der Schule statt. Neben den Vertretern der lokalen Politik befand sich auch der damalige Ministerpräsident des Freistaates Sachsen Georg Milbradt unter den Gästen.

Die "blaue" Sporthalle der Oberschule auf der Kapellgartenstraße, erbaut Anfang der 80er Jahre, wurde im September 2008 abgerissen. An ihrer Stelle steht seit September 2009 der Neubau unserer Sporthalle. Leider zeigten sich schon nach kurzer Zeit gravierende Bau- und Planungsmängel, weshalb sie 2013 vollständig entkernt und saniert wurde.

Am 1. August 2013 wird auf Beschluss des sächsischen Landtages aus der Ernst-Rietschel-Mittelschule die Ernst-Rietschel-Oberschule.

Waren es früher fast nur Pulsnitzer Kinder, die die Schule besuchten, so lernen heute Schülerinnen und Schüler aus bis zu 13 umliegenden Gemeinden in der Ernst-Rietschel-Oberschule Pulsnitz. Die Schülerzahl liegt bei durchschnittlich 460, die Anzahl der Klassen beträgt meist 18, mitunter auch 19.


Die Schulleiter der Pulsnitzer Schule:

1871 - 1905
August Robert Dreher
1905 - 1911
Wilhelm Brück
1911 - 1919
Ernst Wilhelm Schmalz
1919 - 1922
Walther Nier
1922 - 1933
Johannes Ulbricht
1933 - 1945
Erich Kickelhahn
1945 - 1949
Bruno Jürgel
1949 - 1952
Albert Bonk
1952 - 1959
Dr. Hans Cerny
1959 - 1960
Herbert Kreis
1960 - 1978
Hans Stübner
1978 - 1992
Helga Frost
1992 - 2019
Axel Thiele
2019 -
Silvana Wendt

(AG) 


Quellen:

Bild 1903: SLUB / Deutsche Fotothek / Brück und Sohn http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/71824187 (Public Domain Mark)
Bild 1910: SLUB / Deutsche Fotothek / Brück und Sohn http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/71832790 (Public Domain Mark)
Bild 1915: SLUB / Deutsche Fotothek / Brück und Sohn http://www.deutschefotothek.de/documents/obj/71841325 (Public Domain Mark)
Bild Dachstuhl: R. Schreiter

historische Angaben: Rüdiger Rost/Horst Oswald: Die Geschichte der Stadt Pulsnitz, Oberlausitzer Verlag 2000, ISBN 3-933827-14-0